Was ist eine Community of Practice (CoP)?
Eine Community of Practice ist eine Gruppe von Menschen, die ein gemeinsames Interesse, ein Fachgebiet oder eine Praxis verbindet – und die regelmäßig voneinander lernen, indem sie Erfahrungen austauschen, Herausforderungen besprechen und gemeinsam Wissen weiterentwickeln.
Beispiele aus der Praxis:
- Softwareentwickler:innen, die sich regelmäßig zu neuen Coding-Standards austauschen
- Lehrer:innen, die gemeinsam Unterrichtsmethoden reflektieren und weiterentwickeln
- Pflegekräfte, die über Herausforderungen in der Palliativpflege sprechen
- Führungskräfte, die sich mit Themen wie Werteorientierung oder Selbstorganisation beschäftigen
Von spontanem Austausch zu bewusster Lernkultur
Ein lockeres Feierabendbier unter Kolleg:innen, bei dem man sich über den Arbeitsalltag austauscht, kommt einer Community of Practice bereits ziemlich nahe – denn auch hier werden Erfahrungen geteilt, Fragen gestellt und gemeinsames Lernen angestoßen.
Der entscheidende Unterschied liegt in der bewussten Gestaltung:
Eine Community of Practice ist mehr als ein spontaner Austausch – sie folgt einer gemeinsamen Ausrichtung, entwickelt mit der Zeit eine tragfähige Struktur und durchläuft typische Entwicklungsphasen. So entsteht ein Raum, in dem Lernen auf Dauer angelegt ist und sich systematisch entfalten kann.
Fünf Entwicklungsphasen auf dem Weg zur lebendigen Community
Wie sich eine solche Community Schritt für Schritt entwickelt – und was sie auf ihrem Weg braucht – lässt sich gut anhand des Phasenmodells von Wenger, McDermott und Snyder beschreiben. In ihrem Buch „Cultivating Communities of Practice – A Guide to Managing Knowledge“ (Harvard Business Review Press, 2002) benennen sie fünf typische Phasen, die eine Community durchläuft: von der ersten Idee bis hin zur möglichen Transformation.
Die folgende Übersicht fasst diese Entwicklungsphasen kompakt zusammen und lädt dazu ein, den eigenen Community-Prozess einzuordnen – und bewusst zu begleiten.

1. Potenzial erkennen
In dieser Anfangsphase wird das Thema sichtbar, das Menschen verbindet. Erste Einzelpersonen oder Gruppen bemerken, dass sie ein gemeinsames Interesse, eine Herausforderung oder eine Praxis teilen. Es gibt noch keine formelle Struktur – der Fokus liegt auf dem Identifizieren relevanter Personen und Themen.
- Informelle Kontakte
- Erste Gespräche über geteilte Interessen
- Potenzielle Mitglieder erkennen sich oft noch nicht als Gemeinschaft
2. Gemeinsam zusammenwachsen
Hier beginnt die eigentliche Formierung der Community. Menschen kommen regelmäßig zusammen, um sich über ihre Praxis auszutauschen. Rollen, Themen und erste Routinen werden sichtbar. Es entsteht ein Gefühl der Zugehörigkeit.
- Erste Treffen oder Austauschformate
- Aufbau von Vertrauen
- Diskussion über Ziele und Nutzen der Community
3. Stabilität und Reife entwickeln
Die Community ist nun gefestigt, mit klaren Zielen, Rollenverteilungen und etablierten Kommunikationskanälen. Es entsteht ein gemeinsames Wissensfundament. Der Austausch wird tiefer, strukturierter und praxisrelevanter.
- Regelmäßige, gut besuchte Treffen oder Plattformen
- Geteilte Wissensressourcen und Lernerfahrungen
- Gemeinsame Projekte oder Praxisentwicklung
4. Wissen sichern und Wirkung entfalten
Die Community erreicht eine Phase der Reife, in der sie ihr Wissen nicht nur weiterentwickelt, sondern auch systematisch dokumentiert, verwaltet und nach außen trägt. Es geht um Nachhaltigkeit, Zugänglichkeit und gegebenenfalls Integration in größere Systeme oder Organisationen.
- Wissensmanagement (z. B. Wikis, Dokumentationen)
- Rollen wie Community-Stewards oder Hosts
- Fokus auf Wirkung, Sichtbarkeit und Austausch über Grenzen hinweg
5. Wandel gestalten und Neues ermöglichen
Die Community verändert sich – sei es durch veränderte Bedürfnisse, äußere Einflüsse oder das Erreichen ihrer ursprünglichen Ziele. Sie kann sich auflösen, neu erfinden oder zu einer anderen Form des Zusammenarbeitens übergehen.
- Reflexion: „Wofür braucht es uns (noch)?“
- Neue Themen oder Zielgruppen treten auf
- Es kann zur Auflösung, Fusion oder Neugründung kommen
Fazit: Entwicklung braucht Aufmerksamkeit
Communities of Practice sind kraftvolle Lernräume, wenn sie mit Klarheit und Sorgfalt begleitet werden. Sie leben vom echten Interesse ihrer Mitglieder, vom Vertrauen untereinander – und von einem guten Verständnis dafür, wo die Community gerade steht.
Das Phasenmodell hilft dabei, Entwicklung sichtbar zu machen, passende Impulse zu setzen und CoPs langfristig lebendig zu halten. Denn ob gerade erste Kontakte entstehen oder bereits systematisch Wissen geteilt wird – jeder Schritt auf dem Weg zählt.
Wer Communities of Practice kultiviert, gestaltet nicht nur Austausch – sondern auch gemeinsames Wachsen in der Praxis.